Wirtschaftsinformatik (Bachelor-Studiengang): Betriebswirtschaftslehre (1. Semester)

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HI / CM, Kurs vom 01.04.2002 - 30.09.2002

Betriebswirtschaftslehre (Organisation): Organisationstheoretische Ansätze: Organisationstheoretische Ansätze (Einführung), Klassische Ansätze (Bürokratieansatz, Wissenschaftliche Betriebsführung, Administrations- und Management-Lehre, Betriebswirtschaftliche Betriebsführung), Verhaltensorientierte Ansätze (Human-Relations-Ansatz, Motivationstheoretischer Ansatz, Zusammenfassung verhaltensorientierte Ansätze), Entscheidungsorientierte Ansätze (Entscheidungslogisch-orientierter (quantitativer) Ansatz, Entscheidungsprozess-orientierter Ansatz), Systemorientierte Ansätze (Systemtheoretisch-kybernetischer Ansatz, Soziotechnischer Ansatz), Situative Ansätze (Situational Approach, Analytische Variante (theoretisches Wissenschaftsziel), Pragmatische Variante).

  1. Organisationstheoretische Ansätze (Einführung)
  2. Klassische Ansätze
  3. Verhaltensorientierte Ansätze
  4. Entscheidungsorientierte Ansätze
  5. Systemorientierte Ansätze
  6. Situative Ansätze

Organisationstheoretische Ansätze (Einführung)

  1. klassische Ansätze:
    • Bürokratieansatz
    • Ansatz der wissenschaftl. Betriebsführung
    • Administrations- und Management-Lehre
    • betriebswirtschaftl. Organisationslehre
  2. verhaltensorientierte Ansätze:
    • Human-Relations-Ansatz
    • motivationstheoretischer Ansatz
  3. entscheidungsorientierte Ansätze:
    • entscheidungslogisch-orientierter Ansatz
    • entscheidungsprozess-orientierter Ansatz
  4. systemorientierte Ansätze:
    • systemtheoretisch-kybernetischer Ansatz
    • soziotechnischer Ansatz
  5. situative Ansätze

Diese Ansätze sind nicht in Konkurrenz zueinander zu bringen.
Sie bauen teilweise aus entwicklungs-geschichtlicher Sicht her aufeinander auf.

Beispiel:

Es waren einmal sechs blinde Inder. Diese wanderten durch die Steppe. Auf einmal stieß der voranschreitende Inder gegen einen Elefanten. "Oh", sagte er. "Ein Elefant." Die anderen wollten wissen, wie sich ein Elefant anfühlt. Der erste Inder meinte: "Es ist so, als würdet ihr gegen eine Mauer laufen." Nun wollten das die anderen auch einmal testen. Der zweite bekam jedoch nur den Schwanz des Elefanten zu fassen und meinte daraufhin: "Das was du sagst, ist falsch. Ein Elefant fühlt sich an wie ein Seil!" Der dritte Inder, nun auch sehr gespannt, rannte gegen ein Bein. "Nein, auch du hast Unrecht. Ein Elefant fühlt sich an wie ein Baumstamm!" Daraufhin kam der vierte blinde Inder an die Reihe und erwischte den Rüssel. "Was erzählt ihr da, ein Elefant ist wie eine Schlange". Der fünfte fasste an die Stoßzähne des Elefanten und bestand darauf, das ein Elefant wie eine Brechstange sei. Zu guter Letzt der sechste blinde Inder, der es mit einem Ohr des Elefanten zu tun bekam und deshalb meinte: "Nein, alles was ihr sagt, ist falsch. Ein Elefant ist doch wie ein Palmenblatt"!

Und die Moral von der Geschicht:

Hinweis: Die Ausgangslage/Sichtweise der Betrachtung ist ausschlaggebend.

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Klassische Ansätze

Bürokratieansatz

Nach Max Weber, 1864-1920, Soziologe und Nationalökonom (Volkswirt), "Idealtypus".

Max Weber will eine Legitimation von Macht und Herrschaft und sagt, dass die reine Form legaler Herrschaft die Bürokratie sei.

Als Kennzeichen / Merkmale der Bürokratie können festgelegt werden:

Wissenschaftliche Betriebsführung

Nach Frederick Winslow Taylor, 1856-1915, Ford-Werke. Die Fließbandfertigung wird eingeführt. Folgen: Die Kosten und Preise gehen runter, Löhne und Umsätze steigen.

Das Differenziallohnsystem wird eingeführt. Wer sein Pensum erreicht hat, bekommt von da an mehr Lohn.

Werkmeister wurden ernannt, Eignungstest basierend auf Arbeitsstudien durchgeführt. Die sogenannte "horizontale Spezialisierung" tritt ein (Spezialisierung auf Teilgebiete).

Administrations- und Management-Lehre

Nach Henry Fayol, 1841-1925, Bergwerksdirektor.

Wie führt man einen Industriebetrieb unter den Maßgaben einer Behörde?

In einem Industriebetrieb (Bsp.: Bergwerk) kann nicht immer der Dienstweg eingehalten werden. Das Überspringen von Instanzen muss möglich sein.

Hinweis: Instanzenweg. Teilweises Außerkraftsetzen des Dienstweges. "Fayol'sche Brücke".

So entwickelte sich die Teamarbeit, es entstand ein gewisser "Teamgeist".

Betriebswirtschaftliche Betriebsführung

Nordsieck, Begründer der eigentlichen Organisationswissenschaft.

Aufteilung der Organisation in Aufbau- und Ablauforganisation.

Noch nicht inbegriffen: Verhalten der Mitglieder der Organisation.

Statt dessen:

[Weiterentwicklung durch Kosiol.]

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Verhaltensorientierte Ansätze

Human-Relations-Ansatz

Ansatz der menschlichen Beziehungen. Hauptvertreter Mayo, Roethlisberger und Dickson.
Diese drei wurden bei der "Western Electric Company" (kurz WEC) als "Unternehmensberater" eingekauft (Tochterunternehmen z.B. American Telephone and Telegraphe, kurz AT&T).

Ausgangslage: Bei welcher Art von Beleuchtung herrscht optimale Arbeitseinstellung? Das Unternehmen hatte festgestellt, dass sowohl bei viel als auch bei wenig Licht eine Verbesserung der Produktivität eintrat.
Folge: Beauftragung der drei Herren.

1924 - 1932 Hauthorne-Experimente (Produktionsstandort der WEC), insgesamt 6 große Versuchsreihen.
Bildung von zwei Arbeitsgruppen, die nichts voneinander wussten. In einer wurden ständig Verbesserungen vorgenommen (z.B. Stuhl, Farben, Temperaturen), in der anderen nichts.

Annahme:

Es trat jedoch ein deutliche Leistungssteigerung in beiden Gruppen ein!

Folge: Was gibt es noch außer den äußeren Einflüssen?

Also Befragung der Gruppen, was sie bewegt hat:

Hinweis: Betriebsklima hat mehr Einfluss auf das Arbeitsergebnis als die Arbeitsbedingungen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Leistungsbereitschaft gefördert durch Zufriedenheit und Motivation.

Motivationstheoretischer Ansatz

Maslow, McGregor, Herzberg als Hauptvertreter.

Mensch hat Potential an (körperlichen) Fertigkeiten und (geistigen) Fähigkeiten = human resources.
Maslow hierarchisiert die Bedürfnisse (Maslow'sche Bedürfnispyramide):

Maslow'sche Bedürfnispyramide

Bildbeschreibung "Maslow'sche Bedürfnispyramide": Ebene 1 (oberste Ebene) = Selbstverwirklichungsbedürfnisse: Mitbestimmung, kooperative (Unternehmens-)Führung; Ebene 2 = Wertschätzungsbedürfnisse: Aufstiegsmöglichkeiten, Status, Titel; Ebene 3 = soziale Bedürfnisse: Gruppenzugehörigkeit, Kommunikation; Ebene 4 = Sicherheitsbedürfnisse: Arbeitsplatzsicherheit, Mindesteinkommen; Ebene 5 (unterste Ebene) = physikalische Grundbedürfnisse: Essen, Trinken, Arbeitsplatzgestaltung; Ebene 1 stellt die Wachstumsbedürfnisse dar. Zu Ebene 2 hin ist ein gedanklicher Schnitt zu machen. Ab dieser Ebene 2 bis hinunter zu Ebene 5 wird von Defizitbedürfnissen geredet.

Maslow behauptet, das diese Stufen voneinander abhängig sind. Es muss vorerst die unterste Stufe erfüllt sein, um die darüberliegende realisieren zu können usw.

Hinweis: Wenn Defizitbedürfnisse nicht oder nicht vollständig erfüllt / befriedigt werden, leidet der Mensch an Mangelerscheinungen, die zur Krankheit führen können.

McGregors xy-Theorie:

Einteilung der Menschen in zwei Gruppen:

Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie:

Ein Mitarbeiter ist zufrieden oder unzufrieden. Diese Extreme sind abhängig von den vier Bewertungskriterien:

Faktor 1 = Motivatoren:

Faktor 2 = Hygienefaktoren:

Hinweis: Hygienefaktoren sind selbstverständlich und haben keine oder nur kurzfristige Motivationswirkung.
» Fehlende Hygienefaktoren führen zu Unzufriedenheit.
» Hygienefaktoren können durch Motivationsfaktoren nur teilweise ausgeglichen werden.
» Wenn Hygienefaktoren vorhanden, wirken Motivationsfaktoren zusätzlich positiv.

Zusammenfassung verhaltensorientierte Ansätze

Wirkung von sozialer Anerkennung und zwischenmenschlichen Beziehungen auf:

Hinweis: Erstmalig steht der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung!

Geht auf informale Struktur ein. Folge: Welchen Einfluss hat die formale Struktur?

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Entscheidungsorientierte Ansätze

Entscheidungslogisch-orientierter (quantitativer) Ansatz

Modelle:

Entscheidungsprozess-orientierter Ansatz

Einfluss der Organisationsstruktur auf das Entscheidungs-Verhalten.

Organisationen sind Systeme, in denen Entscheidungen zur Zielerreichung getroffen werden. Diese Entscheidungen müssen (innerhalb des Systems) koordiniert werden ("Organisation").

Im Mittelpunkt steht das Entscheidungsverhalten! Die Organisationen sind das Entscheidungsumfeld.

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Systemorientierte Ansätze

Systemtheoretisch-kybernetischer Ansatz

Systemtheorie:

Ludwig von Bertalanffy (Österreichische Wissenschafter, Biologe, 1901 - 1972)

Biologische Systeme regulieren sich selbst.

Systemtheorie

Bildbeschreibung "Systemtheorie": Zwei Kreise. Ein innerer und ein äußerer. Der äußere stellt ein System dar, der innere ein Subsystem. Der Außenrahmen des System-Kreises ist die Systemgrenze. Sowohl der System-Kreis als auch der Subsystem-Kreis enthalten mehrere Elemente, z.B. Menschen (durch kleine Vierecke veranschaulicht). Auch außerhalb der Systemgrenze sind Elemente zu finden. Diese Elemente können miteinander kommunizieren (durch gestrichelte Linien veranschaulicht). Beispiel-Element im Systemkreis: Mensch 1 (Seefahrer). Beispiel-Element außerhalb der Systemgrenze: Mensch 2 (Kosmonaut).

Erklärung der Grafik:

Es herrschen Beziehungen zwischen den Elementen (Mensch kennt anderen Menschen).
Manche Elemente (z.B. Mensch 1) verlassen das Subsystem (z.B. Seefahrer).
Manchmal verlässt ein Element sogar das System, überschreitet die Systemgrenze (z.B. Kosmonaut).

(Sogenannte "geschlossene") Systeme entstehen von selbst und regulieren sich selbst. Sie sind nicht Ergebnis planmäßigen Handelns.

Hinweis: Ein System ist eine von der Umwelt abgegrenzte Gesamtheit von Subsystemen und Elementen, die sich gegenseitig beeinflussen und eine Struktur aufweisen (Folge: Anpassung, Wachstum).

Kybernetik:

Wissenschaft von der Steuerung und Regelung von Systemen.

Die Gestaltung der Organisation ist bei Zusammenführung beider möglich.
Die tatsächliche Verhältnisse werden gesteuert.

Hinweis: Vermittler zwischen den wissenschaftlichen Theorien und der Organisations-Praxis.

Soziotechnischer Ansatz

Eric Trist.

Es kommt auf das möglichst harmonische Zusammenwirken von Mensch (sozio) und Technik (technisch) an. Diese werden durch Organisation ergänzt. Diese drei Dinge sind gleichwertig und brauchen optimale Abstimmung.

Entscheidungsspielräume werden vereinbart.

Wenn das optimal ist, können Arbeitsgruppen gebildet werden, die (nahezu) ohne Aufsicht und Vorgesetzte klarkommen können, weil dann die so gebildeten Arbeitsgruppen sich selbst steuern und regulieren können.

Der soziotechnische Ansatz.

Bildbeschreibung "Der soziotechnische Ansatz": Wenn Mensch, Technik und Organisation gleichwertig sind und eine optimale Abstimmung durch die Vereinbarung von Entscheidungsspielräumen erfolgte, dann kann von einer "optimalen Organisation" gesprochen werden.

Hinweis: Organisationen = offene, dynamische (sich entwickelnde) Systeme (Prozesse) zur Gütererstellung.

Da es ein offenes System ist, muss die Unternehmensleitung die Möglichkeit haben eingreifen zu können (Rahmenvorgaben durch Unternehmensleitung).

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Situative Ansätze

Verknüpfung von bisher behandelten Aspekten (der vorangegangenen Ansätze), hauptsächlich

Hinweis: Man hat es mit unterschiedlichen Strukturen in unterschiedlichen Situationen zu tun.

Situation = alle unternehmensinternen (z.B. Technik, Mitarbeiterzahl, Größe, Produktpalette) und -externen (z.B. Macht, Konjunktur, Konsumenten) Einflussgrößen.

Bei einer Einflussgröße = Monovariat / Monokausal
Bei einer Vielzahl von Einflussgrößen = Multivariat / Multikausal

Es ergeben sich zwei Fragestellungen:

  1. Welcher Faktor bestimmt eigentlich die Struktur?
    (Monokausal)
  2. Wie stark ist der Einfluss jedes einzelnen Faktors?
    (Multikausal)

Situational Approach

Es gibt keine allgemeingültigen Prinzipien sondern Zusammenhänge zwischen der Situation, der Struktur, dem Verhalten der Mitglieder der Organisation und der Organisationseffizienz.

Methode: empirisch und quantitativ vergleichen

Es gibt zwei Thesen, die in diesem Zusammenhang aufgestellt wurden:

These 1:

Unterschiede in der Organisationsstruktur und im Verhalten der Organisationsmitglieder sind Folge unterschiedlicher Situationen, in denen sich die Organisation befindet.

These 2:

Struktur und Verhalten sind (je nach Situation mehr oder weniger) effizient hinsichtlich der Organisationsziele.

Zu diesen Thesen gibt es wiederum zwei Grundmodelle von Kieser und Kubicek.

Analytische Variante (theoretisches Wissenschaftsziel)

Fragestellung: Warum?

Man hat es mit einer gegebenen Situation zu tun. Die wiederum beeinflusst die Struktur, das Verhalten und die Effizienz.

Die verschiedenen Einflussgrößen einer Situation nennt man Situationsvariablen (abhängige bzw. unabhängige Variablen).

Abhängige Variablen (Struktur, Verhalten, Effizienz) werden auch als Strukturvariablen bezeichnet.

Pragmatische Variante

Fragestellung: Wie?

Wenn man es mit einer veränderten Organisationsstruktur zu tun hat, braucht man auch einen, der dieses leitet. Es ist ein Organisator erforderlich, der die optimale Strukturalternative ermittelt.

Hinweis: Diese Modelle berücksichtigen (noch) nicht die Entscheidungsträger! Das Entscheidungsverhalten ist aber verantwortlich für die Organisationsgestaltung.