Wirtschaftsinformatik (Bachelor-Studiengang): Betriebswirtschaftslehre (2. Semester)
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MR / CM, Kurs vom 01.10.2002 - 31.03.2003
Fremdfinanzierung
Durch Fremdfinanzierung - Kreditfinanzierung - entstehen Gläubigerrechte. Im Vergleich zu der Beteiligungsfinanzierung ergeben sich einige erhebliche Unterschiede:
- Für Fremdkapitalgeber bestehen i.d.R. keine Mitspracherechte bei der Geschäftsführung.
- Die Überlassungsdauer des Fremdkapitals ist befristet.
- Es besteht lediglich ein Rechtsanspruch auf Tilgung des Kredits in nomineller Höhe, d.h. keine Beteiligung am Vermögenszuwachs und den stillen Reserven.
- Ein fester Zins ist vereinbart und es besteht keine Beteiligung an Gewinnen wie an Verlusten.
- Es besteht durch Tilgung und Zinszahlung eine feste Liquiditätsbelastung, die bei Umsatzrückgängen zu Schwierigkeiten und Einengung der Dispositionsfreiheiten führen kann.
- Der Gläubiger hat das Recht auf Prüfung der Kreditfähigkeit, Kreditwürdigkeit und Kreditbesicherung.
Abwicklung der Kreditvergabe
Aus der Sicht der Kreditinstitute stellt sich die Abwicklung der Fremdfinanzierung wie folgt dar:
Bildbeschreibung "Abwicklung der Kreditvergabe": Kreditantrag, Kreditwürdigkeitsprüfung, Kreditzusage, Kreditausreichung, Kreditkontrolle.
Die Kreditwürdigkeitsprüfung ist eine Bonitätsprüfung nach rechtlichen, persönlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Die Kreditzusage knüpft an Bedingungen an, von denen in der Regel das Gewährleisten einer Absicherung die wichtigste ist, da der Kapitalgeber mit der Hingabe von Kapital Risiken eingeht, insbesondere ein Kapital- und ein Zinsrisiko.
Möglichkeiten der Absicherung von Risiken sind:
- Begrenzung des Risikos
(Risikoteilung durch Bankenkonsortium) - Honorierung des Risikos
(Zinshöhe, Mitbestimmung) - Sicherung des Risikos
(Personalsicherheiten, akzessorische und fiduziarische Realsicherheiten)
Kreditsicherheiten
Kreditsicherheiten sollen dem Kreditgeber die Möglichkeit bieten, sich aus den Sicherheiten zu befriedigen, wenn der Kreditnehmer seine Zahlungsverpflichtungen (Tilgung, Zins) nicht erfüllen kann.
Nach der Sicherungsart lassen sich unterscheiden:
Personalsicherheiten:
Hier liegen schuldrechtliche Ansprüche vor.
Neben dem Kreditnehmer haftet eine dritte Person für den
Kredit.
Formen der Personalsicherheit sind z.B.:
- die Bürgschaft
- die Garantie
Bildbeschreibung "Personalsicherheiten": Bürgschaft, Sonstige Personalsicherheiten (Garantie, Kreditauftrag, Schuldbeitritt).
Realsicherheiten:
Dem Kreditgeber werden zur Sicherheit bestimmte Rechte an Vermögenswerten eingeräumt.
Formen der Realsicherheiten sind z.B.:
- die Verpfändung oder Sicherungsübereignung beweglicher Sachen
- die Zession von Rechten und die Begründung von Rechten an Grundstücken
Bildbeschreibung "Realsicherheiten": Recht an beweglichem Vermögen (Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung), Recht an unbeweglichem Vermögen (Grundpfandrechte).
Nach dem Grad der Abhängigkeit von der gesicherten Forderung kann unterschieden werden in:
akzessorische Sicherheiten:
Es besteht eine vollkommene Verknüpfung zwischen Sicherheit und gesicherter Forderung.
Formen sind z.B.:
- die Bürgschaft
- die Verpfändung
- die Hypothek
fiduziarische Sicherheiten:
Formen sind z.B.:
- die Sicherungsübereignung
- die Sicherungsabtretung
- die Grundschuld
Bürgschaft
Sie ist ein Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger eines Dritten, in dem sich der Bürge dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Dritten einzustehen. (§§ 765 ff. BGB, §§ 349f. HGB)
Bildbeschreibung "Bürgschaft": Bürge übernimmt die Bürgschaft. Kreditgeber gewährt den Kredit. Kreditnehmer zahlt den Kredit zurück. Optional: Bürge zahlt bei Nichtleistung des Kreditnehmers den Kredit zurück. Der Kreditnehmer muss dann den vom Bürgen geleisteten Betrag an diesen zurückzahlen.
Die Bürgschaft ist in ihrer Höhe vom Bestand der Hauptschuld abhängig, das betrifft sowohl ihre Erhöhung (z.B. durch Zinsen usw.) als auch ihre Verminderung.
Bürgschaften können betragsmäßig und zeitlich begrenzt werden. Die Erklärung einer Bürgschaft bedarf der Schriftform. (Auch wenn für einen Vollkaufmann im Rahmen von Handelsgesellschaften dies nicht zwingend vorgeschrieben ist - aus Beweisgründen ist es stets zu empfehlen.
Bürgschaften zur Kreditsicherung werden i.d.R. selbstschuldnerisch vereinbart (für Vollkaufleute zwingend).
Die Eignung einer Bürgschaft als Kreditsicherungsmittel wird von der Kreditwürdigkeit des Bürgen bestimmt.
Sonstige Personalsicherheiten
Garantie:
Wie bei der Bürgschaft liegt ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag zugrunde.
Der Garantiegeber verpflichtet sich gegenüber dem Garantienehmer
- für den Eintritt eines bestimmten Erfolges oder
- für das Ausbleiben eines Misserfolges Gewähr zu leisten.
Die Garantie ist nicht akzessorisch. Sie hat im Außenhandel und bei öffentlichen Ausschreibungen besondere Bedeutung.
Kreditauftrag:
Ein Kreditgeber wird von einer Person beauftragt, einem Dritten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Kredit zu gewähren. (§ 778 BGB) Besonders im Außenhandel üblich.
Es entstehen zwei Ansprüche:
- Der Anspruch des Kreditgebers gegenüber dem Keditnehmer auf Rückzahlung
- Der Anspruch des Kreditgebers gegenüber dem Auftraggeber als Bürgen
Schuldbeitritt:
Eine vertragliche Vereinbarung, bei dem einem Kreditvertrag eine weitere Person beitritt und gesamtschuldnerisch die Haftung für den Kreditbetrag übernimmt.
Dem Schuldbetritt muss der Kreditgeber zustimmen.
Eigentumsvorbehalt
Eigentumsvorbehalt ist, wenn
- ein Käufer durch Übergabe einer beweglichen Sache zum Besitzer wird,
- der Verkäufer jedoch bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer bleibt.
Nach Umfang des Eigentumsvorbehaltes werden unterschieden:
Der einfache Eigentumsvorbehalt:
Der Verkäufer hat bei Zahlungsverzug das Recht, seinen Rücktritt zu erklären und die Herausgabe der Sachen zu fordern.
Dieser Eigentumsvorbehalt geht verloren, das Eigentum geht über auf den
- Käufer, wenn er die Sache verarbeitet oder mit einer anderen verbindet;
- Eigentümer eines Grundstücks, dessen wesentlicher Bestandteil die Sache wird;
- Dritterwerber, wenn er gutgläubig war.
Der verlängerte Eigentumsvorbehalt:
Hierbei geht der Sicherungseffekt beim Weiterverkauf der Sachen nicht verloren. Dabei werden vom Käufer dem Verkäufer jene Forderungen im voraus abgetreten, die beim Verkauf der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Sachen entstehen werden.
Der erweiterte Eigentumsvorbehalt:
Der Eigentumsübergang wird davon abhängig gemacht, dass der Käufer auch die Zahlungsverpflichtungen für die anderen vom Verkäufer gekauften Sachen erfüllt hat.
Pfandrecht
Das Pfandrecht ist die Belastung einer beweglichen Sache. (§§ 1204-1208 BGB)
Es ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
- Vorliegen einer Forderung auf das sich das Pfandrecht bezieht.
- Einigung der Parteien, dass das Pfandrecht dem Gläubiger zustehen soll.
- Die Übergabe des Pfandes in den Besitz des Kreditgebers. (Das Pfand verbleibt jedoch im Eigentum des Kreditnehmers.)
Bildbeschreibung "Pfandrecht": Kreditgeber = Pfandbesitzer, Kreditnehmer = Pfandeigentümer.
Die Verwertung des Pfandes erfolgt durch öffentliche Versteigerung.
Voraussetzungen dazu sind:
- Die Forderung muss ganz oder teilweise fällig sein.
- Dem Schuldner sind der Verkauf oder die Versteigerung anzudrohen.
- Festgelegte Wartefristen müssen eingehalten werden.
Vermögensteile, die für den Geschäftsablauf des Kreditnehmers zwingend erforderlich sind, eignen sich nicht für eine Verpfändung!
Sicherungsübereignung
Im Gegensatz zur Verpfändung ist es hierbei dem Kreditnehmer möglich, die sicherungsübereignete Sache weiter zu nutzen.
Für den Kreditgeber ist die Notwendigkeit der Verwahrung der sicherungsübereigneten Sache nicht gegeben. Sie bleibt im unmittelbaren Besitz des Kreditnehmers. Der Kreditgeber erwirbt nur den mittelbaren Besitz.
Dies ist durch Einigung über den Eigentumsübergang und die Vereinbarung eines Besitzkonstitutes möglich, im Rahmen dessen der Kreditgeber dem Kreditnehmer den Besitz an der Sache belässt.
Bildbeschreibung "Sicherungsübereignung": Kreditnehmer (Besitzer der Sache) sendet Einigung und Besitzkonstitut an den Kreditgeber (Eigentümer der Sache) und dieser gewährt dem Kreditnehmer den Kredit.
Probleme entstehen für den Kreditgeber, denn die sicherungsübereignete Sache kann z.B.
- unter Eigentumsvorbehalt stehen,
- bereits einem anderen Gläubiger übereignet sein,
- dem Pfandrecht eines Vermieters unterliegen,
- Wertminderungen unterliegen
Sicherungsabtretung (Zession)
Bei der Kreditsicherung kommt der Zession (Forderungsabtretung) ein hoher Stellenwert zu:
Der Kreditnehmer tritt als Zedent Forderungen, über die er verfügt, in einem formfreien Abtretungsvertrag an den Kreditgeber als Zessionar an (§§ 398ff BGB).
Bildbeschreibung "Sicherungsabtretung (Zession)": Kreditnehmer (Zedent) sendet Forderung an Drittschuldner und Zession an Kreditgeber (Zessionar). Kreditgeber gewährt dem Kreditnehmer den Kredit und sendet die Forderung an den Drittschuldner.
Es gibt auch eine Reihe von Forderungen, die vertraglich und gesetzlich von einer Forderungsabtretung ausgeschlossen sind. (§§ 399, § 400 BGB)
Es gibt verschiedene Arten der Zession, die sich nach der Anzeige gegenüber dem Drittschuldner unterscheiden:
- Offene Zession
- Stille Zession
Die offene Zession bedeutet, dass die Forderungsabtretung dem Drittschuldner angezeigt wird, der die Zahlung nur an den Kreditgeber leisten darf.
Bei der stillen Zession gibt es keine Anzeige an dem Drittschuldner - die Zahlung erfolgt an den Kreditnehmer.
Bildbeschreibung "Offene Zession / Stille Zession": Fortsetzung der vorhergehenden Grafik. Bei offener Zession erfolgt Zahlung vom Drittschuldner an Kreditgeber. Bei stiller Zession erfolgt Zahlung vom Drittschuldner an Kreditnehmer und dann vom Kreditnehmer an Kreditgeber.
Die Höhe der Sicherungsabtretung wird vom Kreditgeber i.d.R. mit einem Betrag angesetzt, der um 20 bis 30 % über dem ausgereichten Kredit liegt.
Grundpfandrechte
Grundpfandrechte sind Kreditsicherheiten, die durch Verpfändung unbeweglicher Vermögensgegenstände entstehen.
Bedeutung erlangen sie insbesondere bei der Sicherung langfristiger Kredite.
Sie entstehen durch Eintragung im Grundbuch, und zwar in der Dritten Abteilung.
Ist ein Grundstück mit mehreren Rechten belastet, haben diese Rechte grundsätzlich unterschiedlichen Rang: In der Regel bestimmt sich das Rangverhältnis nach der Reihenfolge der Eintragungen.
Die Arten der Grundpfandrechte zur Kreditsicherung sind:
- die Hypothek
- die Grundschuld
Hypothek (§§ 1113-1190 BGB)
Sie ist eine akzessorische Sicherheit, ihre Höhe richtet sich stets nach der Höhe der Forderung.
Eine Hypothek kommt zustande durch:
- Einigung zwischen Kreditgeber und Grundstückseigentümer
- Eintragung der Hypothek in das Grundbuch unter
Nennung
- des Gläubigers
- des Geldbetrages der Forderung
- des Zinssatzes
- des Geldbetrages bei evtl. vereinbarten Nebenleistungen
- Briefübergabe (bei einer Briefhypothek)
Briefhypothek:
Der Grundbucheintrag wird durch das Grundbuchamt durch eine öffentliche Urkunde - den Hypothekenbrief - bestätigt.
Er kann ohne neuen Grundbucheintrag schriftlich abgetreten und verpfändet werden.
Buchhypothek:
Es erfolgt eine Eintragung in das Grundbuch, ohne dass der Gläubiger eine Urkunde über das Pfandrecht erhält. Eine Abtretung erfordert eine Umschreibung im Grundbuch, die vom Gläubiger bewilligt werden muss.
Eine Hypothek begründet eine dinglichen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung, der bei Fälligkeit der gesicherten Forderung geltend gemacht werden kann.
Dazu ist ein vollstreckbarer Titel erforderlich, der
- im Mahn- und Klageverfahren
- durch Ausfertigung einer vollstreckbaren Urkunde (durch Notar oder Gericht) wenn der Schuldner sich bei der Bestellung der Hypothek einer Zwangsvollstreckung unterworfen hat.
Eine Zwangsvollstreckung kann sein:
- Zwangsversteigerung
Der Gläubiger erhält dabei den Erlös bis zur Höhe seiner Forderung. - Zwangsverwaltung
Ein vom Gericht bestellter Verwalter führt dem Gläubiger die Erträge des Grundstücks (z.B. Mieteinnahmen) nach Abzug der Kosten zu.
Grundschuld (§§ 1191-1198 BGB)
Sie ist - im Gegensatz zur Hypothek - ein Grundpfandrecht, dass keine bestehende Forderung voraussetzt.
Bei einem durch Grundschuld abgesicherten Kredit ist der rechtliche Zusammenhang zwischen Kredit und Grundschuld durch einen Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede) herzustellen.
Für die Grundschuld gelten ansonsten die gleichen Vorschriften wie dür eine Hypothek.
Während die Hypothek vor allem im langfristigen Kreditgeschäft als Sicherheit dient, so dient die Grundschuld besonders beim kurzfristigen Kreditgeschäft als Sicherheit.
Kreditarten - Sicherheiten
Welche Sicherheiten für welche Kreditarten? (Auswahl)
Kredite zur Finanzierung des Anlagevermögens, der BGA
BGA: Betriebs- und Geschäftsausstattung
(= langfristige Investitionskredite, Schuldscheindarlehen, Anleihen)
Für Grundstücke und Gebäude:
- Hypothek (bei Annuitätendarlehen)
- Grundschuld (bei Festdarlehen)
- ersatzweise evtl. nur Negativerklärung
Für Betriebs- und Geschäftsausstattung:
- Sicherungsübereignung
- Abtretung der Ansprüche aus Kapital-Lebensversicherung
Für Fuhrpark:
Sicherungsübereignung in Verbindung mit Vollkaskoversicherung.
Kredite zur Finanzierung des Umlaufvermögens
Kontokorrentkredit:
(für Betriebsmittel- bzw. Vorrätefinanzierung sowie
für Absatzfinanzierung)
auch als Eurogeld-Kredit
- Sicherungsübereignung von Rohstoffen, Waren, Maschinen
- Abtretung von Forderungen aus Waren und Dienstleistungsgeschäften
- Abtretung der Ansprüche aus Kapital-Lebensversicherung
- Bürgschaften, Bankgarantien
- Verpfändung von Wertpapieren und Edelmetallen (auch wenn sie nicht zum Betriebsvermögen gehören)
- Patronatserklärung
Wechseldiskontkredit für Umkehrwechsel (Scheck-gegen-Wechsel-Verfahren), für Kundenwechsel:
Normalerweise keine Sicherheiten, solange Bonität des Bezogenen einwandfrei ist bzw. Rückbelastung bei Kreditnehmer gesichert ist.
Akzeptkredit:
Normalerweise keine Sicherheiten.
Avalkredit:
Normalerweise keine Sicherheiten.