Wirtschaftsinformatik: Spezielle Betriebswirtschaftslehre (Produktion)

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HDS / CM, Kurs vom 01.04.2006 - 30.09.2006

Spezielle Betriebswirtschaftslehre (Produktionsbetriebe): Produktionsprogrammplanung (Programmplanung bei Einzelfertigung und Mehrfachfertigung, Programmplanung ohne und mit Kapazitätsbeschränkung, Programmplanung bei mehreren Kapazitätsbeschränkungen).

Produktionsprogrammplanung

Programmplanung bei Einzelfertigung und Mehrfachfertigung

Nachfolgend werden zwei Themen behandelt: Die Fertigungsprogrammplanung und die Fertigungsvollzugsplanung (Bereitstellungsplanung und Ablaufplanung).

Programmplanung bei Einzelfertigung:

Umfang und Gegenstand der Planung werden durch konkrete Kundenaufträge bestimmt. Die eigentliche Mengen- und Losgrößenplanung existiert nicht, das Problem wird auf die Frage reduziert, ob eine Fertigung möglich ist ("Ability to order": Kapazität verfügbar? Materialien verfügbar?).

Programmplanung bei Mehrfachfertigung (Serien-/Sortenfertigung):

Es handelt sich um Standardprodukte, die in wichtigen Merkmalen einheitlich gestaltet, jedoch als Programmtiefe variierbar sind. Nachfrageerwartungen bestimmen das Programm, Fertigungsmenge und Zeitgrößen sind vorab planbar.

Mögliche Situationen und Reaktion:

  1. keine Kapazitätsbeschränkungen (Unterbeschäftigung), Reaktion: Erzeugnisse in Programm, die positiven Stückdeckungsbeitrag erwirtschaften
  2. es liegt eine Kapazitätsbeschränkung vor (Engpass), Reaktion: relative Stückdeckungsbeiträge bilden, Reihenfolge der positiven Stückdeckungsbeiträge bilden (höchster zuerst) und in das Programm aufnehmen
  3. es liegen mehrere Engpässe vor (Material, Personal, Betriebsmittel), Reaktion: Verfahren der linearen Programmierung mit Maßgabe, dass höchster Gesamtdeckungsbeitrag entscheidet, welche Erzeugnisse in das Programm aufgenommen werden

Programmplanung ohne und mit Kapazitätsbeschränkung

Relativer Stückdeckungsbeitrag dBrel = dB ÷ µi, wobei µ Produktionskoeffizient im Engpass als Materialverbrauch pro Mengeneinheit oder Fertigungszeit pro Mengeneinheit

Übungsaufgabe: gegeben sind A = 2000 Stück, B = 13300 Stück, C = 4000 Stück und Fertigungszeit im Engpass = 75000 Minuten.

Gegebene und daraus berechnete Werte zu vorangegangener Aufgabenstellung (ohne Engpass)
A B C
berechnet: dB (€/Stück)
[Rechenweg: dB = p − kv]
66 27 55
gegeben: p (€/Stück) 130 80 96
gegeben: kv (€/Stück) 64 53 41

Alle drei Produkte erzeugen positive dB. Daher sind alle Produkte in gewünschter Menge in das Fertigungsprogramm aufzunehmen.

gesucht: Fertigungsprogramm (keine Kapazitätsbeschränkung)

Lösung:
DBA = A × dBA = 2000 Stück × 66 €/Stück = 132000 €
DBB = B × dBB = 13300 Stück × 27 €/Stück = 359100 €
DBC = C × dBC = 4000 Stück × 55 €/Stück = 220000 €
DBgesamt = DBA + DBB + DBC = 132000 € + 359100 € + 220000 € = 711100 €
Das Fertigungsprogramm wird in Stück angegeben, also 2000, 13300 und 4000 Stück.

Gegebene und daraus berechnete Werte zu vorangegangener Aufgabenstellung (mit Engpass)
A B C
gegeben: µ (Fertigungszeit in Minuten/Stück) 11 3 6,5
berechnet: dBrel (€/Minute)
[Rechenweg: dBrel = dB ÷ µ]
66 ÷ 11 = 6 27 ÷ 3 = 9 55 ÷ 6,5 = ca. 8,5
berechnet: Rangbildung
[Rechenweg: absteigende Sortierung]
drittbestes Ergebnis bestes Ergebnis zweitbestes Ergebnis

gesucht: Realisierbares Fertigungsprogramm

Lösung:
Produkt B: 13300 Stück × 3 Minuten/Stück = 39900 Minuten
Produkt C: 4000 Stück × 6,5 Minuten/Stück = 26000 Minuten
ZeitB+C = ZeitB + ZeitC = 39900 Minuten + 26000 Minuten = 65900 Minuten
Fertigungszeit im Engpass − ZeitB+C = 75000 Minuten − 65900 Minuten = 9100 Minuten
9100 Minuten ÷ 11 Minuten/Stück = 827 Stück für Produkt A
Dann ergibt sich ein neuer Gesamtdeckungsbeitrag:
Produkt B: 13300 Stück × 27 €/Stück = 359100 €
Produkt C: 4000 Stück × 55 €/Stück = 220000 €
Produkt A: 827 Stück × 66 €/Stück = 54582 €
Dieses Fertigungsprogramm (13300, 4000 und 827 Stück) ist das deckungsbeitragsmaximale Fertigungsprogramm.
DBgesamt = DBA + DBB + DBC = 54582 € + 359100 € + 220000 € = 633682 €

In der Praxis werden jedoch Mindestabsatzmengen für Produkte festgelegt (weil sonst z.B. der wichtigste Kunde abspringt), die mindestens produziert werden müssen. Erst danach wird die Rangbildung beachtet.

Programmplanung bei mehreren Kapazitätsbeschränkungen

Rechenalgorithmus zur Lösung des Standard-Maximum-Problems der linearen Programmierung (Simplexmethode):

  1. Wähle die Spalte mit dem höchsten negativen Wert in der Zielfunktionszeile (Pivotspalte).
  2. Wähle die Zeile, bei der der Quotient aus dem Koeffizienten der Ergebnisspalte und dem Koeffizienten in der Pivotspalte den geringsten positiven Wert annimmt (Pivotzeile).
  3. Die Basisvariable der Pivotzeile wird aus der Lösung entfernt und die Nichtbasisvariable der Pivotspalte in die Lösung aufgenommen.
  4. Es werden elementare Zeilenoperationen zur Bestimmung der Basislösung durchgeführt:
    1. Die Pivotzeile wird durch das Pivotelement dividiert, damit das Pivotelement den Wert 1 annimmt,
    2. um die übrigen Koeffizienten der Pivotspalte auf den Wert 0 zu bringen, werden die Zeilen nach folgender Rechenregel umgeformt:

      Faktor der neuen Zeile = Faktor der alten Zeile − [Zeilenfaktor in der alten Pivotspalte × (Faktor der Pivotzeile ÷ Pivotelement)]

  5. Alle übrigen Elemente werden analog der Rechenregel 4.2. umgerechnet.

Abwandlung des Simplex-Algorithmus:

Übungsaufgabe:
gegeben:
drei Erzeugnisse x1, x2 und x3
in vier Kapazitätseinheiten A, B, C und D
Kapazitätsangebot:
A = 40 Stunden/Woche
B = 50 Stunden/Woche
C = 70 Stunden/Woche
D = 60 Stunden/Woche
Stückdeckungsbeiträge:
dB1 = 10
dB2 = 8
dB3 = 5
gesucht:
Welches deckungsbeitragsmaximale Fertigungsprogramm ergibt sich für das betrachtete Unternehmen?

Weiterhin ist folgende Tabelle gegeben:

Produktionskoeffizienten in Stunden pro Maschine (zu vorangegangener Aufgabenstellung)
x1 x2 x3
Betriebsmittel A (Bm A) 4 4 2
Betriebsmittel B (Bm B) 6 2 0
Betriebsmittel C (Bm C) 2 6 3
Betriebsmittel D (Bm D) 0 4 8

Weiter geht es also mit den Berechnungen:

Als Optimierungsmodell ergibt sich folgende Zielfunktion ZF:
ZF = max = 10x1 + 8x2 + 5x3
Hinweis: Die Ziefunktion enthält immer die Stückdeckungsbeiträge. Für die Verwendung im nachfolgenden Tableau muss die Schreiweise noch etwas geändert werden.
Bekannt ist die Formel:
dB1 + dB2 + dB3 = DB
Diese wird jetzt mit den gegebenen Werten gefüllt:
10x1 + 8x2 + 5x3 = DB
Diese Gleichung muss auf 0 kommen, daher wird DB auf die linke Seite übernommen:
10x1 + 8x2 + 5x3 − DB = 0
Jetzt muss DB noch positiv werden, daher erfolgtdie Multiplikation mit −1:
−10x1 − 8x2 − 5x3 + DB = 0
Diese Werte x1-, x2- und x3-Werte sind jetzt okay für das Tableau. DB wird im Übrigen nicht weiter beachtet.
Kapazitätsrestriktionen (ergeben sich aus den gegebenen Werten und den Tabellenwerten):
Betriebsmittel A: 4x1 + 4x2 + 2x3 ≤ 40
Betriebsmittel B: 6x1 + 2x2 + 0x3 ≤ 50
Betriebsmittel C: 2x1 + 6x2 + 3x3 ≤ 70
Betriebsmittel D: 0x1 + 4x2 + 8x3 ≤ 60
Nichtnegativbedingung xi > 0
Einführung der Schlupfvariablen x4, x5, x6 und x7, um Ungleichheitszeichen aufzulösen:
A: 4x1 + 4x2 + 2x3 + x4 = 40
B: 6x1 + 2x2 + 0x3 + x5 = 50
C: 2x1 + 6x2 + 3x3 + x6 = 70
D: 0x1 + 4x2 + 8x3 + x7 = 60

Nun wird das Tableau 1 erstellt. Ziel ist das Bilden einer Einheitsmatrix. Dazu werden die obigen Gleichungen in das Tableau 1 übernommen und ergänzt.

Anmerkungen:

Nun wird der oben beschriebene Simplex-Algorithmus angewendet:

Tableau 1
x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 Ergebnis E Hilfsspalte H
x4 4 4 2 1 0 0 0 40 40÷4=10
x5 6 2 0 0 1 0 0 50 50÷6=25/3=8,3
x6 2 6 3 0 0 1 0 70 70÷2=35
x7 0 4 8 0 0 0 1 60 60÷0=0
Zielfunktion ZF -10 -8 -5 0 0 0 0 0

Verwendete Vorgehensweise:

  1. Pivot-Spalte ermitteln (Spalte mit niedrigstem Wert, also höchstem Deckungsbeitrag):
    Spalte x1
  2. Hilfsvariable für Pivot-Spalte ermitteln und Pivot-Zeile finden (geringster positiver Hilfsvariablenwert):
    Zeile x5, im Kreuzpunkt steht das Pivot-Element
  3. Zeile mit Spalte tauschen ("um das Pivot-Element herum"):
    x1 mit x5
  4. neue Werte ermitteln gemäß den Rechenregeln
    • Pivotzeile: alle Werte durch das Pivot-Element dividieren, damit es den Wert 1 annimmt
    • übrige Zeilen: Faktor der neuen Zeile = Faktor der alten Zeile − (Zeilenfaktor in der alten Pivotspalte × Faktor der Pivotzeile ÷ Pivotelement)
      anders formuliert:
      1. Nimm das Element der alten Zelle. Ergänze: Minus-Zeichen. Klammer auf.
      2. Gehe waagerecht bis zur Pivot-Spalte und nimm diesen Wert, gehe zurück. Ergänze: Mal-Zeichen.
      3. Gehe senkrecht bis zur Pivot-Zeile und nimm diesen Wert. Ergänze: Dividiert-durch-Zeichen.
      4. Nimm das Pivotelement. Ergänze: Klammer zu.
      5. Jetzt rechne die erstellte Formel aus und trage den Ergebnis-Wert in die neue Tableau-Zelle.

Also wird Tableau 2 erstellt.

Tableau 2
x5 x2 x3 x4 x5 x6 x7 Ergebnis E Hilfsspalte H
x4 0 8/3 2 1 -2/3 0 0 20/3 10/3
x1 1 1/3 0 0 1/6 0 0 25/3 50/18
x6 0 16/3 3 0 -1/3 1 0 160/3 160/9
x7 0 4 8 0 0 0 1 60 60/8
Zielfunktion ZF 0 -14/3 -5 0 5/3 0 0 250/3

Jetzt also Spalte x3 mit Zeile x4 tauschen.

Tableau 3
x5 x2 x4 x4 x5 x6 x7 Ergebnis E
x3 0 4/3 1 1/2 -1/3 0 0 10/3
x1 1 1/3 0 0 1/6 0 0 25/3
x6 0 4/3 0 -3/2 2/3 1 0 130/3
x7 0 -20/3 0 -4 8/3 0 1 100/3
Zielfunktion ZF 0 2 0 5/2 0 0 0 100

Jetzt geht's in die Endrunde dieses Rechenbeispiels:

Fertigungsprogramm:
Ablesen der Lösungswerte in der Ergebnisspalte in Tableau 3:
x3 = 10/3
x1 = 25/3
x2 = 0 (ist nicht in der Zeile erschienen)
Kapazitätsreserven:
(C) x6 = 130/3
(D) x7 = 100/3
Probe:
ZF: 10x1 + 8x2 + 5x3 = 100?
also die errechneten Werte einsetzen und schauen, ob der Ergebnis-Wert E der Zielfunktionszeile des letzten Tableaus herauskommt (hier war E = 100):
10 × 25/3 + 8 × 0 + 5 × 10/3
= 250/3 + 0 + 50/3
= 300/3
= 100