Wirtschaftsinformatik: Spezielle Betriebswirtschaftslehre (Produktion)

Sie sind hier: StartseiteWirtschaftsinformatikSpezielle Betriebswirtschaftslehre (Produktionsprozessplanung)

HDS / CM, Kurs vom 01.04.2006 - 30.09.2006

Spezielle Betriebswirtschaftslehre (Produktionsbetriebe): Produktionsprozessplanung (Angaben für den Gesamtplan, Angaben je Arbeitsvorgang), Durchlaufplanung und Kapazitätsterminierung (Phasen der Terminermittlung, Durchlaufplanung, Kapazitätsterminierung, Schwerpunkte von Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung), Ablaufplanung (Ziele der Maschinenbelegung, Auftragsfolgediagramm, Maschinenfolgediagramm), Werkstattsteuerung (Aufgaben der Werkstattsteuerung, Prioritätenregeln in der Fertigungssteuerung).

  1. Produktionsprozessplanung (Arbeitsplan)
  2. Durchlaufplanung und Kapazitätsterminierung
  3. Ablaufplanung (Maschinenbelegungsplanung)
  4. Werkstattsteuerung

Produktionsprozessplanung (Arbeitsplan)

Der Arbeitsplan stellt das "Urplanungselement" für die Kostenplanung dar. Prinzipiell enthält der Arbeitsplan nach REFA folgende Angaben:

Angaben für den Gesamtplan

  1. Erzeugnisse, Baugruppen, Einzelteile
    • Benennung
    • Sach-, Zeichnungsnummer
    • Stücklistennummer
    • Änderungsindex
    • Losgrößenbereich
  2. Werkstoff, Material
    • Art, Benennung
    • Abmessung
    • Werkstoff-Einsatz
    • Gewicht, Volumen
  3. Allgemeine Angaben
    • Angaben über den Anlieferungszustand
    • Transportvorschriften
    • Taktzeit je Einheit
    • Bearbeitungsvermerke der Arbeitsvorbereitung
    • Allgemeine Prüfvorschriften
  4. Auftrag
    • Auftragsart
    • Auftragsnummer
    • Auftragsmenge
    • Auftrags-(Ausstell-)datum
    • Liefer-(Ziel-)datum

Angaben je Arbeitsvorgang

  1. Arbeitsablauf
    • Laufende Nummer des Arbeitsvorganges
    • Beschreibung des Arbeitsvorganges
    • Ausführende Kostenstelle
    • Maschinengruppe bzw. Arbeitsgruppe
    • Arbeitsmittel (Werkzeug, Lehre, Verrichtung)
    • Technische Daten
    • Prüfvorschriften
    • Ein- oder Mehrstellenarbeit
    • Anzahl der erforderlichen Arbeitskräfte
    • Durchlauffristen
  2. Lohn, Vorgabezeit
    • Arbeitswert (Lohngruppe)
    • Hinweis auf Entlohnungsform
    • Rüstzeit
    • Zeit je Einheit

Zum Menü Wirtschaftsinformatik | Zum Seitenanfang

Durchlaufplanung und Kapazitätsterminierung

Phasen der Terminermittlung

  1. Durchlaufplanung: auftragsorientiertes Vorgehen (ideale Durchlaufzeit, Fristen, eventuell Termine); also separates Vorgehen (früher auch als Durchlaufterminierung bezeichnet)
  2. Kapazitätsterminierung: kapazitätsorientiertes Vorgehen (tatsächliche Durchlaufzeit, Termine); also simultanes Vorgehen

In der älteren Literatur wird für Phase 1 und 2 auch der Begriff "Zeitwirtschaft" benutzt.

  1. Auftragsstatus: Gebildeter Fertigungsauftrag (kurz: FA);
    also Durchlaufplanung (entspricht Phase 1 der Terminplanung):
    • Bestimmung der Auftragszeit TA
    • Bestimmung der Durchlaufzeit
    • Maßnahme zur Durchlaufzeit-Anpassung: Durchlaufzeit verkürzbar?
      • Überprüfung der einzelnen Zeitgrößen
      • Lossplittung
      • Überlappung
      • Parallelisierung
      • Fremdvergabe
  2. Auftragsstatus: Geplanter Fertigungsauftrag;
    also Kapazitätsterminierung (entspricht Phase 2 der Terminplanung):
    • progressive Terminierung: Starttermin + Durchlaufzeit = Endtermin; für die Lagerfertigung
    • retrograde Terminierung: Endtermin − Durchlaufzeit = Starttermin; für die Kundenauftragsfertigung
    • Mittelpunkts-/Engpassterminierung: Starttermin/Engpass/Endtermin; ausgehend vom Engpass wird vorwärts und rückwärts terminiert (Praxis: am Häufigsten verwendet)
    • Kapazitätsabgleich
  3. Auftragsstatus: Offener Fertigungsauftrag;
    also Auftragsveranlassung:
    • Werkstattauftragsbildung
    • Auftragsfreigabe
      • Verfügbarkeitsprüfung (Material, Mitarbeiter)
      • eventuell Reservierung (Vormerk: Solange dieser nicht erfüllt ist, wird der Auftrag nicht freigegeben.)
      • Maschinenbelegungsplanung (auch Ad-hoc-Maßnahmen, wenn eine Störung auftritt)
    • Ausgabe der Auftragspapiere (Terminkarte, Arbeitsbegleitkarte)
    Anschließend erfolgt die Einlastung (Auftrag in Arbeit) und zu guter Letzt die Auftragsüberwachung.

Durchlaufplanung (1. Auftragsstatus)

Ausgehend vom gebildeten Fertigungsauftrag berechnet sich die Auftragszeit wie folgt (Arbeitszeitplanung nach REFA):

Auftragszeit (TA) = Rüstzeit (tR) + Ausführungszeit (ta)

Die Rüstzeit (tR) setzt sich zusammen aus:

Die Ausführungszeit (ta) berechnet sich ta = x × te, wobei x die Anzahl der Einheiten und te die Zeit je Einheit (Zeit pro gefertigtem Werkstück) ist.

te = Grundzeit tg + Erholzeit ter + Verteilzeit tv

Übungsaufgabe:
gegeben:
x = 150 Stück
Auftrag annehmen und Zeichnung lesen = 8 Minuten (trg)
Werkstück von Palette nehmen und einlegen = 3 Minuten (tg)
Automatischer Bearbeitungsablauf = 4,5 Minuten (tg)
Werkstück entnehmen und auf Palette legen = 2 Minuten (tg)
Maschine säubern = 3 Minuten (trg)
Verteilzeit auf Rüsten und Bearbeiten = 10% (tv)
-------------------------------------------------------------------
gesucht:
Auftragszeit TA
-------------------------------------------------------------------
Lösungsweg:
tg = 3 Minuten (Werkstück von Palette nehmen und einlegen)
+ 4,5 Minuten (Automatischer Bearbeitungsablauf)
+ 2 Minuten (Werkstück entnehmen und auf Palette legen)
= 9,5 Minuten
ter = 0 Minuten, da keine Werte dafür gegeben
tv = 9,5 Minuten × 10%
= 0,95 Minuten
te = tg + ter + tv
= 9,5 Minuten + 0 Minuten + 0,95 Miuten
= 10,45 Minuten/Stück
trg = 8 Minuten (Auftrag annehmen und Zeichnung lesen)
+ 3 Minuten (Maschine säubern)
= 11 Minuten
trer = 0 Minuten, da keine Werte dafür gegeben
trv = 11 Minuten × 10%
= 1,1 Minuten
tR = trg + trer + trv
= 11 Minuten + 0 + 1,1 Minuten
= 12,1 Minuten
ta = x × te
= 150 Stück × 10,45 Minuten/Stück
= 1567,50 Minuten
TA = ta + tR
= 1567,50 Minuten + 12,1 Minuten
= 1579,6 Minuten = 26,33 Stunden
Das entspricht ungefähr 26 Stunden und 20 Minuten.

Die Durchlaufzeit setzt sich zusammen aus TA (Auftragszeit), TT (Musszeit: Transportzeit), TW (Kannzeit: Wartezeit, also vor der Fertigung) und TL (Liegezeit, also nach der Fertigung). Zu unterscheiden sind zwei Varianten:

  1. Holprozess, Pull:
    Durchlaufzeit = TT + TW + TA + TL
  2. Bringprozess, Push:
    Durchlaufzeit = TW + TA + TL + TT

Einziger Unterschied: "TT rutscht vom Anfang zum Ende."

Kapazitätsterminierung (2. Auftragsstatus)

Modelle zur Ablaufplanung dienen zur visuellen Unterstützung der Fertigungsplanung und -steuerung. Insbesondere zwei Modellformen werden dazu genutzt:

  1. Balkendiagrammtechnik (Gantt-Diagramm)
  2. Netzplantechnik.

Netzplanmodelle werden bei Verzweigungen im Prozessverlauf eingesetzt und einer Vielzahl zu koordinierender Tätigkeiten. Bekannt sind drei Varianten:

  1. Critical Path Method (vorgangspfeilorientiert)
  2. Metra Potential Method (vorgangsknotenorientiert)
  3. Program Evaluation and Review Technique (ereignisknotenorientiert)

Der Grundaufbau des Metra Potential Method-Knotens ist ähnlich einer Tabelle und gleicht einer drei-mal-drei-Felder Matrix:

Grundaufbau des Metra Potential Method-Knotens
Frühester Anfangszeitpunkt - Frühester Endzeitpunkt
Vorgang Dauer Puffer
Spätester Anfangszeitpunkt - Spätester Endzeitpunkt

Übungsaufgabe:

Vorgangsliste (Angaben stammen aus dem Arbeitsplan)
Vorgang Zeitdauer vorangegangener Vorgang
A 25 -
B 8 A
C 6 B
D 9 A
E 21 A
F 10 C, D
G 6 E, F
H 15 E
I 2 G
K 1 H, I
L 2 K

Mit Hilfe von Metra Potential Method-Knoten wird eine Vorgangsplanung durchgeführt.

Vorgangsplanung

Bildbeschreibung "Vorgangsplanung": Abbildung der in der vorangegangenen Tabelle gegebenen Werte (Vorgang A bis L). Über die gegebene Dauer jedes Vorgangs werden in einer Vorwärtskalkulation der früheste Anfangs- und Endzeitpunkt ermittelt und in einer Rückwärtskalkulation der späteste Anfangs- und Endzeitpunkt jedes Vorgangs. Daraus ergibt sich ein kritischer Pfad, hier verläuft dieser über A - E - H - K - L mit einer Durchlaufzeit von 64 Tagen.

Schwerpunkte von Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung

  1. bei Lagerfertigung:
    • Großserien- und Massenfertigung, teilweise in Sorten
    • Aufträge von innen, meist ähnlich oder gleich
    • Fertigungsplanung plant eingehend und detailliert den Produktionsablauf und versucht, ihn dem Flussprinzip anzunähern.
    • Fertigungssteuerung konzentriert sich auf rechtzeitige Materialbereitstellung, personelle Besetzung der Arbeitsplätze, Überwachung der Bestände an Material und Erzeugnissen sowie auf Störungen des Ablaufs.
  2. bei Kundenfertigung:
    • Einzel- und Kleinserienfertigung
    • Kundenaufträge, im Extremfall immer verschieden (andere konstruktive, bearbeitungsmäßige, materialmäßige Schwerpunkte)
    • Fertigungsplanung kann nur den organisatorischen Rahmen unter Verzicht auf detaillierte Planungsunterlagen schaffen.
    • Fertigungssteuerung muss immer neu die Probleme der rechtzeitigen Materialbeschaffung und -bereitstellung, der zweckmäßigsten Auftragssteuerung, Terminierung und Kapazitätsauslastung lösen.

Zum Menü Wirtschaftsinformatik | Zum Seitenanfang

Ablaufplanung (Maschinenbelegungsplanung)

Ziele der Maschinenbelegung

  1. Einhaltung der Termine
  2. Minimierung der Durchlaufzeiten (geringe Kapitalbindungskosten)
  3. Bestmögliche Kapazitätsauslastung (geringe Stückkosten)
  4. Minimierung der Bearbeitungs- und Rüstkosten

Die Maschinenbelegungsplanung wird auch als Reihenfolgeplanung bezeichnet. Diese zeigt sich als:

  1. Flow Shop Problem
    • Alle Aufträge durchlaufen in der gleichen Reihenfolge die Maschinen.
    • Typisch für die Fließfertigung, aber auch bei Sortenfertigung innerhalb der Werkstättenfertigung.
  2. Job Shop Problem
    • Reihenfolge der Maschinen ist von Auftrag zu Auftrag verschieden.
    • Typisch für Serienfertigung.

Grundlage der Maschinenbelegungsplanung ist die Balkendiagrammtechnik, umsetzbar im Auftragsfolgediagramm und Maschinenfolgediagramm.

Ein Auftragsfolgediagramm ist die übliche Variante. Aber auch ein Maschinenfolgediagramm kann erstellt werden. Leerzeiten (in beiden Varianten) weisen auf eine schlechte Kapazitätsauslastung hin.

Wenn Maschinen viel Leerlauf aufweisen, sind folgende Kapazitätsanpassungsmaßnahmen möglich:

Auftragsfolgediagramm

Auftragsfolgediagramm

Bildbeschreibung "Auftragsfolgediagramm": Koordinatensystem. Auf der x-Achse wird die Zeit von 1 bis 30 Fabrikkalendertagen abgetragen, auf der y-Achse die Maschinen 1 und 2. Maschine 2 bearbeitet von Fabrikkalendertag 1 bis 5 Auftrag B. Dann werden auf Maschine 1 von 5 bis 10 Auftrag B, von 10 bis 15 Auftrag A und von 15 bis 20 Auftrag C bearbeitet. Abschließend übernimmt Maschine 2 von 20 bis 25 Auftrag C und von 25 bis 30 Auftrag A.

Die belegten Zeiten werden als Produktionszeit tji der Maschine i für Auftrag j bezeichnet. Nicht genutzte Zeiten einer Maschine werden als ablaufbedingte Leerzeit lji der Maschine i bezeichnet.

Maschinenfolgediagramm

Maschinenfolgediagramm

Bildbeschreibung "Maschinenfolgediagramm": Koordinatensystem. Auf der x-Achse wird die Zeit von 1 bis 30 Fabrikkalendertagen abgetragen, auf der y-Achse die Aufträge A, B und C. Auftrag B wird zuerst bearbeitet - die ersten 5 Tage auf Maschine 2 und anschließend 5 Tage auf Maschine 1. Dann wird Auftrag A begonnen - 5 Tage auf Maschine 1. Dann wird dieser Auftrag unterbrochen und vorerst mit Auftrag C weitergemacht - 5 Tage auf Maschine 1 und abschließend 5 Tage auf Maschine 2. Bis zum Ende der 30 Fabrikkalendertage wird nun noch Auftrag A auf Maschine 2 abgeschlossen.

Die belegten Zeiten werden als Bearbeitungszeit des Auftrages j auf der Maschine i bezeichnet. Nicht genutzte Zeiten werden als Anfangs- oder Zwischenwartezeit wji des Auftrages j vor der Maschine i bezeichnet.

Zum Menü Wirtschaftsinformatik | Zum Seitenanfang

Werkstattsteuerung

Aufgaben der Werkstattsteuerung

  1. Vorbereitende Steuerungsaufgaben
    • Bereitstellung
      • Material bereitstellen
      • Arbeitsunterlagen bestellen
      • Betriebsmittel bereitstellen
      • Personal bereitstellen
    • Arbeitszuteilung
      • Auftragsmengen aktualisieren
      • Termine und Kapazitätsbelegung aktualisieren
      • Aufgabendurchführung auslösen
  2. Begleitende Steuerungsaufgaben
    • Fertigungsüberwachung
      • Mengen und Termine überwachen
      • Qualität überwachen
      • Arbeitsbedingungen überwachen
      • Störungen erfassen
    • Fertigungsanalyse
      • Störungsursachen ermitteln
      • Störgrößen erfassen und analysieren
      • in Fertigungsablauf eingreifen, Störung beheben
      • Planänderung veranlassen

Prioritätenregeln in der Fertigungssteuerung

Von den vor einem Arbeitsplatz auf Bearbeitung wartenden Aufträgen wird an diesem Arbeitsplatz derjenige Auftrag als nächster bearbeitet, welcher... (Satz wird für die jeweilige Methode in der nachfolgenden Tabelle zu Ende geführt.)

Prioritätenregeln in der Fertigungssteuerung
Methode Beschreibung
FIFO-Methode
(first in first out)
als erster Auftrag im Produktionsbereich (Werkstatt, Werkhalle, Produktionslinie) eingetroffen ist (first arrivel at the shop first served).
LIFO-Methode
(last in first out)
als letzter Auftrag im Produktionsbereich eingetroffen ist.
FCFS-Regel
(first come first served)
als erster Auftrag an dem entsprechenden Arbeitsplatz (Maschine, Maschinengruppe) eingetroffen ist und somit die längste Wartezeit vorweist.
KOZ-Regel
(kürzeste Operationszeit, längste Fertigungszeit)
von allen Aufträgen die längste Bearbeitungsdauer an diesem Arbeitsplatz hat.
LOZ-Regel
(längste Operationszeit, längste Fertigungszeit)
von allen Aufträgen die kleinste Summe der Bearbeitungszeiten bis zur Fertigstellung des Auftrages hat.
Frühester-Liefertermin-Regel von allen Aufträgen den frühesten Liefertermin aufweist.
Slack-Regel von allen Aufträgen die geringste Differenz zwischen Fertigstellungstermin und aktuellem Zeitpunkt abzüglich der Summe der Restbearbeitungszeiten besitzt.
Wert-Regel von allen Aufträgen den höchsten Endproduktwert hat.
Dynamische Wert-Regel von allen Aufträgen vor der Bearbeitung die höchste Kapitalbindung hat.
Deckungsbeitrags-Regel von allen Aufträgen den höchsten Deckungsbeitrag hat.
Kundenauftrag von allen aktuellen Kunden für den "wichtigsten" Kunden bestimmt ist.