Wirtschaftsinformatik (Bachelor-Studiengang): Betriebswirtschaftslehre (2. Semester)
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MR / CM, Kurs vom 01.10.2002 - 31.03.2003
- Güterwirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Prozess
- Finanzierung, Investition und Zahlungsverkehr - Übersicht und Zusammenhänge
- Beurteilungs- und Entscheidungskriterien Liquidität, Rentabilität und Wirtschaftlichkeit
- Investitionsarten und Investitionszwecke
- Finanzierungsarten und Finanzierungsregeln
Güterwirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Prozess
Bildbeschreibung "Güterwirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Prozess": Links: Beschaffungsmarkt mit Bereich 1 = Eigen- und Fremdkapital sowie Bereich 2 = Sachgüter, Energie, Dienstleistungen und menschlicher Arbeit. Mitte: Finanzwesen und Produktion. Rechts: Absatzmarkt mit Bereich 3 = Finanzanlagen sowie Bereich 4 = Sachgüter, Energie und Dienstleistungen. Bereich 1 sendet Kapitaleinzahlungen an das Finanzwesen und empfängt von diesem Kapitalrückzahlungen sowie Zins- und Gewinnauszahlungen. Bereich 2 sendet Beschaffungsgüter an die Produktion und empfängt vom Finanzwesen Beschaffungsauszahlungen. Bereich 3 sendet Rückzahlungen aus Finanzanlagen sowie Zins- und Gewinneinzahlungen an das Finanzwesen und empfängt von diesem Auszahlungen für Finanzanlagen. Bereich 4 sendet Absatzeinzahlungen an das Finanzwesen und empfängt Absatzgüter von der Produktion.
Finanzierung, Investition und Zahlungsverkehr - Übersicht und Zusammenhänge
Finanzierung - Investition - Zahlungsverkehr
- Feststellung der gewünschten Investitionen (Sammlung der Investitionsanträge)
- Ermittlung des Investitionsbedarfs (innerhalb der Investitionsplanung)
- Ermittlung des Kapitalbedarfs (innerhalb der Finanzplanung)
- Ermittlung der Finanzierungsmöglichkeiten (durch
Analyse des Geld-/Kapitalmarktes)
- Der Kapitalbedarf kann gedeckt werden
- Der Kapitalbedarf kann nicht gedeckt werden
Hinweis: Maßnahmen zur Senkung des Kapitalbedarfs
- Planung der Einzahlungen / Auszahlungen (innerhalb der Finanzplanung)
- Realisierung der Einzahlungen / Auszahlungen (im Rahmen des Zahlungsverkehrs)
Investition und Finanzierung (Begriffe)
Allgemein:
Finanzierung ist die Beschaffung finanzieller Mittel, Investition ist ihre Verwendung.
Finanzierung:
- im engeren Sinne:
Kapitalbeschaffung- im engeren Sinne:
eingeschränkt auf ausgewählte Maßnahmen, z.B. Beschaffung durch Beteiligungs- und Fremdfinanzierung - im weiteren Sinne:
sämtliche Maßnahmen der Kapitalbeschaffung einschließlich des Einsatzes von Mitteln aus dem betrieblichen UmsatzprozessHinweis: Das wollen wir unter dem Begriff Finanzierung verstehen!
- im engeren Sinne:
- im weiteren Sinne:
Kapitalbeschaffung und -disposition
(zur Durchführung von Betriebsprozessen)
Betriebsprozess als Investitions- und Desinvestitionsprozess
Bildbeschreibung "Betriebsprozess als Investitions- und Desinvestitionsprozess": Phase 1 = Kapitalbeschaffung (Finanzierung von außen, Phase 2 = Investition (Kapitalverwendung), Phase 3 = Desinvestition (Kapitalrückfluss, Kapitalneubindung durch Gewinn), Phase 4 = Kapitalabfluss (Rückzahlung, Gewinnausschüttung).
Beurteilungs- und Entscheidungskriterien Liquidität, Rentabilität und Wirtschaftlichkeit
Rentabilität und ihre Messung
r = Gesamtkapitalrentabilität, auch: Unternehmensrentabilität
(G + Z) ÷ (EK + FK)
G + Z =
Unternehmensgewinn, auch: Betriebsgewinn,
das, was Unternehmen für die Eigen- und Fremdkapitalgeber
"abwerfen" muss.
Setzt sich zusammen aus Gewinn laut GuV-Rechnung plus Zinsaufwand.
re = Eigenkapitalrentabilität, auch: Unternehmerrentabilität
G ÷ EK
G = Unternehmergewinn, auch: Inhabergewinn
Z ÷
FK
V = FK ÷ EK = Verschuldungsgrad
Leverage-Effekt:
re =
r +
(r −
rf) ×
V
G = Gewinn, Z = Zinsen, EK = Eigenkapital, FK = Fremdkapital
Liquidität
Absolute Liquidität:
ist die Eigenschaft von Vermögensgegenständen als Zahlungsmittel verwendet bzw. in Zahlungsmittel umgewandelt zu werden.
Wesentlich ist:
- die Liquiditätsdauer
- der Liquidierungsbetrag
Relative Liquidität:
Verhältnis der liquidierbaren Vermögensbestände zu den zwingenden Zahlungsverpflichtungen.
Statische Liquidität:
Messung der Liquidität ist bilanz- und damit zeitpunktbezogen.
Dynamische Liquidität:
Bezieht sich nicht auf eine bilanz- und damit zeitpunktbezogene Betrachtung.
Sicherung mithilfe der Finanzplanung.
Liquidität 1. Grades:
Zahlungsmittel ÷ kurzfristige Verbindlichkeiten
Liquidität 2. Grades:
(Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen) ÷ kurzfristige Verbindlichkeiten
Liquidität 3. Grades:
(Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte) ÷ kurzfristige Verbindlichkeiten
Störungen des finanziellen Gleichgewichts
durch Zahlungsunfähigkeit:
- vorübergehender Natur: Unterliquidität
- von Dauer: Illiquidität
durch Überschuldung (Schulden > Vermögen):
- bei Kapitalgesellschaften: Lösung durch Konkurs
- Nichtkapitalgesellschaften (da Haftung mit dem Gesamtvermögen): keine endgültigen Schlüsse für Überschuldung / Zahlungsunfähigkeit möglich.
duch Finanzmittelüberschuss:
Überliquidität.
Investitionsarten und Investitionszwecke
Investitionsarten
Sachinvestitionen:
- Grundstücke
- Gebäude, Anlagen
- Vorräte
- Fremdleistungen
Finanzinvestitionen:
- Beteiligungen
- Forderungen
Finanzinvestitionen werden auch Nominalinvestitionen oder finanzwirtschaftliche Investitionen genannt.
Immaterielle Investitionen:
- Forschung und Entwicklung
- Werbung
- Ausbildung
- Sozialleistungen
Investitionszwecke
Bruttoinvestitionen = Nettoinvestitionen + Reinvestitionen
Nettoinvestitionen:
- Gründungsinvestitionen
- Erweiterungsinvestitionen
Reinvestitionen (Ersatzinvestitionen im weitesten Sinn):
- Ersatzinvestitionen
- Rationalisierungsinvestitionen
- Umstellungs- und Diversifizierungsinvestitionen
- Sicherungsinvestitionen
Beispiele für
- Nicht mehr nutzbare Investitionsobjekte werden durch neue gleichartige ersetzt. (gleiche Leistungsparameter)
- wie unter (1.), aber mit verbesserten Leistungsparametern.
- Durch veränderte Absatzbedingungen Umstellung des Fertigungsprogramms erforderlich. Folge: Neue Maschinentypen für Umstellung und neue erweiterte Absatzangebote erforderlich.
- Investitionen, die erforderlich sind, um den Bestand des Untenehmens zu gewährleisten, z.B. durch Investitionen im Rohstoff-, FuE-, Werbe- und Umweltbereich.
Finanzierungsarten und Finanzierungsregeln
Finanzierungsarten
Gliederung nach Rechtsstellung des Kapitalgebers:
Bildbeschreibung "Gliederung nach Rechtsstellung des Kapitalgebers": Eigenfinanzierung = Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung + Finanzierung aus Gewinn (Selbstfinanzierung) + Finanzierung aus Vermögensumschichtung. Fremdfinanzierung = Finanzierung aus Vermögensumschichtung + Kreditfinanzierung + Finanzierung durch Pensionsrückstellungen. Außenfinanzierung = Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung + Kreditfinanzierung. Innenfinanzierung = Finanzierung aus Gewinn (Selbstfinanzierung) + Finanzierung aus Vermögensumschichtung + Finanzierung durch Pensionsrückstellungen.
Eigenfinanzierung = Zuführung von
Eigen-(Haftungs-)kapital
Fremdfinanzierung = Zuführung von Gläubigerkapital
Gliederung nach der Kapitalherkunft:
Bildbeschreibung "Gliederung nach der Kapitalherkunft": Außenfinanzierung = Vermögenszuwachs (Kreditfinanzierung, Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung). Innenfinanzierung = Vermögenszuwachs (Finanzierung aus Gewinn, Finanzierung durch Pensionsrückstellungen) + Vermögensumschichtung (Finanzierung von Reinvestitionen aus Umsatzerlösen, Finanzierung von Nettoinvestitionen aus Umsatzerlösen).
Gliederung nach Einfluss auf Bilanzausweis:
Bildbeschreibung "Gliederung nach Einfluss auf Bilanzausweis": Bilanzverlängerung, Bilanzverkürzung, Aktivtausch (Innenfinanzierung), Passivtausch (Umfinanzierung).
- Kapitalerhöhung durch Umwandlung von offenen Rücklagen in Grundkapital.
- Gläubiger wandelt Darlehen in eine Beteiligung um (Wandelschuldverschreibung).
- Ausscheiden eines Gesellschafters, Auseinandersetzungsguthaben wird als Darlehen zur Verfügung gestellt.
- Umwandlung eines kurzfristigen Kredits in einen langfristigen.
Finanzierungsregeln
Bedeutung oft umstritten, in der Praxis als Faustregeln
anerkannt.
Sie gehen von einem gegebenen Kapitalbedarf aus und
beschäftigen sich nicht mit seiner Höhe, sondern mit der
Struktur des Kapitalbedarfs.
Es wird unterschieden:
- Die vertikale Kapitalstrukturregel
- Die horizontale Kapital-Vermögensstrukturregel und zwar in zwei Spielarten als
"Goldene Finanzierungsregel" (Goldene Bankregel):
Sie beziehen sich auf einen Zusammenhang der Fristen zwischen Kapitalbeschaffung und -rückzahlung einerseits und Kapitalverwendung andererseits.
"Zwischen Dauer der erforderlichen Kapitalbindung und
der Dauer, während welcher das zur Deckung des
Kapitalbedürfnisses herangezogene Kapital zur Verfügung
steht, muss Übereinstimmung herrschen."
(vgl. Töndury-Gsell)
"Goldene Bilanzregel,":
Die die Forderung nach Fristenübereinstimmung zwischen Kapital und Vermögen mit der Forderung nach der Anwendung bestimmter Finanzierungsarten verbindet.
In der engsten Fassung bedeutet die Regel:
Anlagevermögen ist durch Eigenkapital zu decken!
Eine weitere Fassung:
Durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital
Noch weitergehende Fassung:
Nicht nur Anlagevermögen, sondern auch langfristig
gebundenes Umlaufvermögen!
Vertikale Kapitalstrukturregel
Die "Regel" EK :
FK = 1 : 1
Begründung: Eigenkapitalgeber müssten ebensoviel wie
Gläubiger beitragen. Praxisfremd!
Im Rahmen der Bilanzanalyse wird das Verhältnis durch die Kennzahl "Verschuldungsgrad" (V) dargestellt:
V = (FK ÷ EK) × 100
Unternehmen sehen ihr Ziel in einer Maximierung der Eigenkapitalrentabilität. Daher nutzen sie alle möglichen Vorteile einer Fremdfinanzierung. Die Regel lautet:
Hinweis: Ist die Verzinsung des Gesamtkapitals
(GK)
höher als der feste Fremdkapitalzins, so fällt der
gesamte vom Fremdkapital über den festen Fremdkapitalzins
hinaus verdiente Erfolgsanteil dem Eigenkapital zu.
» Die Eigenkapitalverzinsung ist prozentual um so
größer, je kleiner der prozentuale Anteil des
Eigenkapitals (EK) am
GK ist.
Die Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität (re) durch Fremdfinanzierung von Investitionen, deren Gesamtkapitalrentabilität (r) über dem Fremdkapitalzins (rf) liegt, wird als "Leverage-Effekt" bezeichnet.
Es zeigt sich:
- als "Hebelwirkung" zunehmender Verschuldung auf die Eigenkapitalrentabilität oder
- als Abhängigkeit der Eigenkapitalrentabilität von der Gesamtrentabilität, dem Fremdkapitalzinssatz und dem Verhältnis von Fremdkapital (FK) zu Eigenkapital (EK).
Der Leverage-Effekt kann auch negativ sein.
Allgemein formuliert:
re = r + (r − rf) × (FK ÷ EK)
Leverage-Effekt (Regeln)
Unternehmerisches Ziel ist die Maximierung der
Eigenkapitalrentabilität
(re).
Bei Einsatz von Fremdkapital ist der festgelegte Zins
unabhängig von der Erfolgslage des Unternehmens zu zahlen.
Leverage-Effekt:
Ist die Verzinsung des Gesamtkapitals,
d.h. die
Gesamtkapitalrentabilität (r), höher als
der feste Fremdkapitalzins, d.h.
höher als die Fremdkapitalrentabilität (rf), so fällt der
gesamte vom Fremdkapital über den festen Fremdkapitalzinsverdiente
Erfolgsanteil dem Eigenkapital, d.h.
dem Eigentümer zu.
Dabei ist die re
um so höher, je höher der Verschuldungsgrad
(FK ÷
EK = V) ist.
Der Leverage-Effekt kann auch negativ sein, wenn rf > r ist.
Es gelten folgende Regeln:
- Solange r über rf liegt, wächst re mit steigendem V.
- Ist r = rf, so ist unabhänig von V: re = r = rf.
- Liegt die r unter der rf, ist sie aber noch positiv, so fällt mit wachsendem V die re von einem positiven in einen negativen Bereich.
- Ist die r=0
oder negativ, so fällt mit wachsendem
V die
re
in den negativen Bereich.
D.h. dass das Vermögen durch Schulden aufgezehrt wird.
Finanzierungsarten in systematischer Darstellung
Systematisierung ist sinnvoll nach:
- Rechtsstellung (Eigen- und Fremdfinanzierung)
- Herkunft der Mittel (Außen- und Innenfinanzierung)
- Fristigkeit (kurz-, mittel- und langfristige Finanzierung)
- Häufigkeit (laufende und besondere Finanzierung)
Bildbeschreibung "Finanzierungsarten in systematischer Darstellung": Finanzierung ist unterteilbar in Außenfinanzierung und Innenfinanzierung. Die Außenfinanzierung ist desweiteren unterteilbar in Fremdfinanzierung und Beteiligungsfinanzierun, die Innenfinanzierung ist unterteilbar in Selbstfinanzierung und sonstige Innenfinanzierung. Beteiligungsfinanzierung und Selbstfinanzierung bilden gemeinsam die Eigenfinanzierung, Fremdfinanzierung und sonstige Innenfinanzierung bilden die Fremdfinanzierung.
Finanzierungsarten sind im konkreten Fall meist durch eine Kombination gekennzeichnet:
Bildbeschreibung "Kombinationen bei Finanzierungsarten": Nach Herkunft = Innenfinanzierung + Außenfinanzierung. Nach Rechtsstellung = Eigenfinanzierung + Fremdfinanzierung. Matrixbildung: Innenfinanzierung + Eigenfinanzierung = Selbstfinanzierung durch Gewinn; Außenfinanzierung + Eigenfinanzierung = Kapitalerhöhung; Innenfinanzierung + Fremdfinanzierung = Pensionsrückstellungen; Außenfinanzierung + Fremdfinanzierung = Kredite.