Wirtschaftsinformatik (Bachelor-Studiengang): Rechnungswesen (2. Semester)
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MS / CM, Kurs vom 01.10.2002 - 31.03.2003
- Das Rechnungswesen als Kernstück der unternehmerischen Informationsversorgung
- Teilbereiche des Rechnungswesens
Das Rechnungswesen als Kernstück der unternehmerischen Informationsversorgung
Modelldarstellung des Unternehmens als System
Bildbeschreibung "Modelldarstellung des Unternehmens als System": Das Unternehmen in Interaktion mit Beschaffungs- und Absatzmarkt, Geld- und Kapitalmarkt sowie Öffentlicher Hand. Grafische Darstellung von Systemgrenzen, Personal-, Sachgüter-, Informations- und Geldströmen.
Das Rechnungswesen als Kernstück der unternehmerischen Informationsversorgung
Bildbeschreibung "Das Rechnungswesen als Kernstück der unternehmerischen Informationsversorgung": Das Unternehmen kann unterteilt werden in Führungssystem und Ausführungssysteme. Das Führungssystem besteht aus Zielsystem, Informationsverwendungssystem (Planung und Kontrolle), Informationsversorgungssystem (Unternehmensrechnung mit Rechnungswesen) und Controllingsystem (systembildende und -koppelnde Koordination). Ausführungssysteme sind gekennzeichnet durch Güter- und Geldströme.
Begriff des Rechnungswesens
Unternehmen, die Güter und Dienstleistungen produzieren, geben diese an ihre Umwelt ab und empfangen dafür wiederum Gelder oder andere Güter und Dienstleistungen. Dieser vereinfacht dargestellte Leistungsaustausch bedingt ein betriebliches Informationssystem, das diese Vorgänge dokumentiert, über Stand sowie Entwicklung dieser Austauschbeziehungen informiert, um den Beteiligten eine Planung, Steuerung und Kontrolle des Geschehens zu ermöglichen.
Als einer der bedeutendsten Bestandteile eines betrieblichen Informationssystems ist das betriebliche Rechnungswesen anzusehen. Im allgemeinen werden unter diesem Begriff Verfahren subsumiert, mit denen im Betrieb auftretende Geld-, Güter- und Leistungsströme mengen- und wertmäßig erfasst, gelenkt und überwacht werden, um die Wirtschaftlichkeit ihres Einsatzes sicherzustellen.
Das Rechnungswesen umfasst die Verfahren, die die betrieblichen Arbeitsprozesse und den unternehmerischen Kapitalumlauf bei der Erfüllung der gesamtwirtschaftlichen Aufgaben zahlenmäßig erfassen und als systematisierte Informationen der weiteren internen und externen Informationsverwendung zur Verfügung stellen.
Im Rechnungswesen werden also Geschäftsvorfälle, die eine Mengen- oder Wertbewegung zum Inhalt haben (Geld- und Leistungsströme) belegmäßig erfasst, weiterverrechnet, ausgewertet und so als Information systematisiert.
Das Rechnungswesen besitzt eine- konkrete Gegenstands- bzw. Sachbezogenheit (Arbeitsprozess, Sach- und Geldvermögen)
- und eine Zeitbezogenheit, das heißt, die zahlenmäßige Erfassung und Überwachung
Aufgaben des Rechnungswesens
Dokumentations- und Kontrollaufgabe:
Alle Geschäftsvorfälle werden aufgrund von Belegen zeitlich und sachlich geordnet erfasst und überwacht. Vermögens-, Schuldens- und Erfolgslage und die gesamte Wirtschaftlichkeitsentwicklung können so dargestellt werden.
Dispositionsaufgabe:
Das Rechnungswesen liefert auf der Basis der Vergangenheits- bzw. Ist-Erfassung Informationen für die Planung sowie für Unternehmenssteuerung und Entscheidungen.
Rechenschaftslegungs- und Informationsaufgabe:
Auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften erfolgen Rechenschaftslegung und Information zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gegenüber:
- den Gesellschaftern,
- den Gläubigern,
- der Belegschaft,
- den Finanzbehörden,
- der Öffentlichkeit.
Teilbereiche des Rechnungswesens
Nach dem Adressatenkreis und den damit verbundenen unterschiedlichen Informationsanforderungen lässt sich das Rechnungswesen in zwei Hauptrichtungen unterteilen: in das interne Rechnungswesen, das sich an den Informationsbedürfnissen der Unternehmensleitung orientiert und dessen inhaltliche Ausprägung bei weitgehend freier Gestaltbarkeit von der unternehmensinternen Zwecksetzung bestimmt wird und in das externe Rechnungswesen, das auf die Interessen außerhalb der Unternehmung stehender, weitgehend schutzbedürftiger Informationsempfänger ausgerichtet ist und daher stark durch gesetzliche Vorschriften reglementiert wird.
Externes Rechnungswesen
Dient der Realisierung der nach außen orientierten Aufgaben des Rechnungswesens (Rechenschaftslegung, Information).
Basis sind externe gesetzliche Regelwerke.
Umfasst das im gesellschaftlichen Konsens als notwendig vereinbarte
Maß der Information der Untenehmen nach
außen.
Stellt eine vereinheitlichte außerunternehmerische
Kommunikationsbasis dar soweit das im gesellschaftlichen
Konsens als möglich und notwendig anerkannt wird.
Betrachtungsebene: Unternehmen, Gesamtgeschäft
Bestandteile:
- Geschäfts- bzw.
Finanzbuchhaltung bzw.
-führung
Laufende Erfassung aller Geschäftsvorfälle für den Eingang in das unternehmerische Informationssystem mit der Methodik der Doppelten Buchführung (Zeitrechnung, d.h. auf Zeiträume und Zeitpunkte bezogen / pagatorische Rechnung, d.h. auf Zahlungsströme bezogen) - Rechnungslegung (Jahresabschluss und andere gesonderte
Informationsausweise)
Im Grundsatz mit den zeitpunktbezogenen Informationsinstrumenten Inventar, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung.
Internes Rechnungswesen
Dient der Realisierung der nach innen orientierten Aufgaben des Rechnungswesens (Dokumentation, Kontrolle, Disposition).
Es existieren keine grundlegenden gesetzlichen Pflichten.
Ein weitgehender Spielraum zur Anwendung liegt im Unternehmen.
Maßstab des Ausbaus ist das innere
Informationsbedürfnis.
Mindestumfang: Schaffung der internen Voraussetzungen zur
Realisierung der externen Pflichten.
Betrachtungsebene: Betrieb
Bestandteile:
- Betriebsbuchhaltung bzw.
-führung (Kosten- und Leistungsrechnung)
Abgrenzung von Kosten und Leistungen aus den im externen Rechnungswesen gebuchten Aufwendungen und Erträgen. Aufbau einer Kostenarten-, Kostenstellen-, Kostenträgerrechnung und kurzfristigen Erfolgsrechnung (Zeitraum- und Stückrechnung / kalkulatorische Rechnung, d.h. auf Güterbewegungen, auf Verbrauch und Entstehung bezogen.) - Betriebswirtschaftliche Statistik und
Vergleichsrechnung
Primär vergangenheitsorientierte Statistik für den inner-, zwischen- oder überbetrieblichen Vergleich, z.B. im Sinne eines Zeit-, Verfahrens- oder Soll-Ist-Vergleichs, Analyse und Auswertung von quantifizierten Vorgängen und Größen (dient als Vergleichsrechnung und der pagatorischen und kalkulatorischen Rechnung als Hilfsrechnung, als Informationsquelle). - Planungsrechnung (Budgetierung)
Zukunftsorientierte Erarbeitung differenzierter Planvorgaben für Prozesse und Bestände, zahlenmäßige Ermittlung der Zukunftswerte als Erwartung oder Vorgabe (Budget). (Nutzt als Vorschaurechnung die pagatorische und kalkulatorische Rechnung als Hilfsrechnung, als Informationsquelle.)
Die Betrachtungsebenen Unternehmen und Betrieb im Rechnungswesen
Die betriebswirtschaftliche Literatur bietet unterschiedliche Ansätze zur Abgrenzung und Anwendung der Begriffe Unternehmen und Betrieb.
Aus der Sicht der Differenzierung des externen und intenen Rechnungswesens soll das Unternehmen die gesamte geschäftliche Tätigkeit des bzw. der Kapitaleigner umfassen (erfasst durch das externe Rechnungswesen).
Dem eingeordnet sind die eigentlichen Zweckprozesse, der
sogenannte Betrieb, der Zweck, zu dem das Unternehmen betrieben
wird. Auf diesen richtet sich vordergründig die Art der
installierten personellen und materiellen Kapazitäten, dieser
wird nach außen durch die Firma charakterisiert.
"Der Betriebszweck eines Unternehmens ist das geplante
Produktions- und Vertriebsprogramm in Form von Art, Menge und
zeitlicher Verteilung der vom Unternehmen geplanten
Ausbringungsgüter." Quelle: Plinke, Kostenrechnung
für Ingenieure
Neben diesen Zweckprozessen haben immer noch weitere geschäftliche Aktivitäten im sogenannten neutralen Bereich Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens. Der Unternehmensprozess wird also in betriebliche Zweckprozesse und neutrale Prozesse differenziert (internes Rechnungswesen).
Bildbeschreibung "Die Betrachtungsebenen Unternehmen und Betrieb im Rechnungswesen": Betrieb (mit Betriebsprozessen) wird als Teilbereich von Unternehmen (mit neutralen unternehmerischen Prozessen) betrachtet.
Betriebsprozesse:
Prozesse zu deren Zweck das Unternehmen eigentlich betrieben wird.
- eigentliche Hauptzwecke der Tätigkeit des Unternehmens,
- definieren sich formell durch den Eintrag der Firma in das Handelsregister,
- definieren sich wirtschaftlich durch die hauptsächliche Art der Kapitalverwendung, durch die Spezifik der installierten Kapazitäten (Zweckorientierung des Anlagevermögens, Qualifikation der Arbeitskräfte usw.) und durch die spezifischen Leistungsangebote des Unternehmens auf den Märkten (z.B. Herstellung von Maschinen und Maschinenteilen in einer Maschinenbaufirma oder Transportleistung einer Speditionsfirma).
neutrale unternehmerische Prozesse:
Unternehmerische Aktivitäten mit wirtschaftlicher Wirkung, die nicht dem Charakter des Betriebes entsprechen, die aber mit jeder unternehmerischen Tätigkeit mehr oder weniger zwangsläufig verbunden sind (z.B. Unterhalt von Werkswohnungen durch die Maschinenbaufirma oder Verkauf eines gebrauchten LKW durch die Speditionsfirma).
Zur Gestaltung des Rechnungswesens
Aufbau und Organisation des Rechnungswesens im Unternehmen sind stark von den spezifischen Gegebenheiten abhängig, z.B.- vom Wirtschaftszweig
(z.B. Kostenerfassung und -verteilung zur Ermittlung von Selbstkosten der Erzeugnisse in der Industrie und Warenbestands-, Umsatz- und Erfolgskontrolle im Handel), - von der Rechtsform
(Beachtung spezifischer Gliederungs- und Bewertungsvorschriften für Bilanz und Erfolgsrechnung), - von der Wirtschaftsform
(Erwerbswirtschaftliche oder gemeinwirtschaftliche Führung von Unternehmen hat Einfluss auf die Art der Buchführung, die Kalkulation und die Preispolitik), - von der Betriebsgröße
(Notwendiger Gestaltungsgrad der internen und externen Wirkung des Informationssystems und anwendbarer Vereinfachungsgrad des Rechnungswesens), - vom Fertigungsprogramm und den angewendeten
Fertigungsverfahren
(z.B. Wahl der Kalkulationsverfahren).
Die praktische Abwicklung des Rechnungswesens ist heute im wesentlichen rechnergestützt. Die Programmanwendung ist zwar sehr benutzerfreundlich, die Steuerung und Entscheidungsfindung bleibt aber eine Aufgabe des Menschen, die Kenntnisse von den Zusammenhängen und Wirkungsmechanismen des Rechnungswesens voraussetzt. Die Kenntnis der Methoden, Instrumente, Zusammenhänge und Regelwerke des externen und internen Rechnungswesens ist elementare Basis für die kreative Beteiligung des Einzelnen in seiner spezifischen Funktion an der wirtschaftlichen Gestaltung der Unternehmensprozesse.